Geschichte Geldern (Gelre)
Es wird erzählt, dass um das Jahr 878 die Herren Wichard und Lupold von Pont gegen einen feuerspeienden Drachen kämpften. Sie fanden ihn unter einem Mispelbaum. Einer der beiden durchbohrte den Drachen mit seinem Speer. Während der Drachen verendete, röchelte er noch dreimal „Gelre!“. Die Burg Geldern soll daraufhin von den Herren von Pont als Erinnerung an diese Heldentat am Zusammenfluss von Fleuth und Niers gegründet worden sein.
Die erste schriftliche Erwähnung als Gelleron im Urbar A des Klosters Werden datierte auf um 900. Ältere Zuschreibungen auf das Jahr 812 beruhten auf einem Missverständnis und einer Fälschung. Der Name trat in verschiedenen Varianten auf: Gelre, Gielra, Gellero, Gelera. Er bezog sich damals noch auf die Landschaft Geldern rund um die Aldekerker Platte, die spätere Vogtei Gelderland. Namensbedeutung: Gellere (997), Gellera (1104/1105), Geldren (1167) könnte ursprünglich für das erhöhte Siedlungsland an der sumpfigen Niers stehen oder Geldara könnte der Name des Niersabschnitts gewesen sein. Möglich ist auch die Deutung „Bachland“, die sich anschaulich auf die damalige Auen- und Bruchlandschaft rund um die Aldekerker Platte bezieht.
Ein Gerhard Flamens, der um 1020 Wassenberg von Kaiser Heinrich II. verliehen bekam, war mutmaßlich Stammvater der Grafen von Geldern. Ab etwa 1096 nannte er sich auch Graf Gerhard von Geldern (der Grafentitel stammte von anderen Besitztümern ab, wahrscheinlich im Teisterbant). Ab 1118/1125 setzte sich die Bezeichnung „von Geldern“ endgültig durch, in dieses Jahr wird auch der Bau der ersten Burg Geldern datiert. Der Name ging nun von der Landschaft auf die Burg und auf die sich anschließend entwickelnde Siedlung über. Wassenberg ging bereits Anfang des 1107 als Heiratsgut seiner Tochter an die Herzöge von Limburg, später dann an Jülich. Spätestens mit dem Verzicht auf Wassenberg verlagerten die Grafen ihr Herrschaftszentrum in die Burg Geldern, die wohl um diese Zeit an einem Niersübergang errichtet wurde. Die Burg mit zugehöriger mittelalterlicher Siedlung war Ausgangspunkt für die heutige Stadt und auch Namensgeberin für die später entstehende gleichnamige Grafschaft bzw. Herzogtum.
Die Ansiedlung wurde im 13. Jahrhundert zur Festung mit Wällen, Gräben und Mauern ausgebaut. Die Wälle waren nach den vier Himmelsrichtungen benannt und hatten drei Tore, deren Bezeichnungen noch heute verwendet werden. 1229 erhielt Geldern die Stadtrechte. Bis 1343 war Geldern der Sitz der Grafen und Herzöge von Geldern, bis 1347 die Hauptstadt des Oberquartiers.
Auf die Gründung des Karmeliten-Klosters Geldern 1306 (eventuell 1315) folgten später weitere Klöster, drei gingen aus geldrischen Beginengemeinschaften hervor. 1400 bis 1418 wurde die spätgotische Pfarrkirche St. Maria Magdalena erbaut.
Die Stadt Geldern wurde in ihrer Geschichte oft Gegenstand territorialer Streitigkeiten. Sie wurde 1543 durch den Vertrag von Venlo Teil der Spanischen Niederlande. Die niederländische Provinz Gelderland ist seither nach der Stadt Geldern benannt. Mit dem Vertrag von Utrecht wurde Geldern 1579 Teil der Vereinigten Niederlande, wurde aber 1587 von der spanisch-habsburgischen Armee besetzt. In die spätere Zeit der spanischen Herrschaft, genauer von 1662 bis 1664, fiel der Neubau der Hauptburg von Schloss Haag, einem Anwesen, das als Hof Haag schon 1337 in Urkunden Erwähnung gefunden hatte.
Von 1701 bis 1713/1714 fand der Spanische Erbfolgekrieg statt. In dessen Verlauf geriet die Stadt im Februar 1703 unter Belagerung der Preußen, die jedoch erst am 21. Dezember des Jahres in die Stadt eindringen konnten. Nach dem Ende des Erbfolgekriegs wurde im Frieden von Utrecht 1713 das bis dahin bei Spanien verbliebene geldrische Oberquartier an vier Mächte (Österreich, die Generalstaaten, Preußen und das Herzogtum Jülich) verteilt. Geldern fiel dabei mit dem größten Teil des ehemaligen Oberquartiers den Preußen zu und wurde Verwaltungssitz des neu gebildeten Herzogtums Geldern preußischen Anteils (Preußisch Geldern). Im August 1740 besuchte König Friedrich II. von Preußen Geldern. 1764 ließ er die Festungsanlagen der Stadt schleifen.
Von 1794 bis 1814 war Geldern – wie das ganze Linke Rheinufer – von französischen Truppen besetzt („Franzosenzeit“). Diese setzten sich über die gewachsenen Strukturen weitgehend hinweg und schufen neue und modernere räumliche Ordnungen für eine straffere Verwaltung. Während dieser Zeit bildete Geldern eine Mairie nach französischem Vorbild und gehörte zum Kanton Geldern im Arrondissement de Clèves des Département de la Roer.[6] Durch die Säkularisation wurde 1802 das 1306 gegründete Karmeliterkloster aufgehoben.
Nach dem Ende der französischen Herrschaft und der Rückkehr zu Preußen (Wiener Kongress 1815) wurde der Kreis Geldern im Zuge der Preußischen Verwaltungs-organisation am 23. April 1816 als einer von 29 Kreisen der Provinz Jülich-Kleve-Berg – der späteren Rheinprovinz – neugebildet. Aus der Mairie Geldern der Franzosenzeit wurde die preußische Bürgermeisterei Geldern.
1863 wurde die Eisenbahnstrecke Köln–Krefeld–Geldern–Kleve (Linksniederrheinische Strecke) eröffnet, 1874 die Strecke Bahnstrecke Haltern–Venlo als letztes Teilstück der Hamburg-Venloer Bahn. Die 1902 in Betrieb genommene und am 1. April 1932 wieder stillgelegte Geldernsche Kreisbahn (Meterspur) berührte dagegen die Stadt Geldern nicht. Die Bahnstrecke Wesel–Venlo wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch zwischen Büderich und Straelen betrieben. Nach der Einstellung des Personenverkehrs 1960 wurde sie Stück für Stück weitgehend stillgelegt und abgebaut.
1927 wurde das Gymnasium des Kreises und der Stadt Geldern als humanistisches Gymnasium gegründet. Seit 1957, als es von der Issumer Landstraße in ein größeres Gebäude am heutigen Standort umzog, heißt es Friedrich-Spee-Gymnasium.
Aufgrund der steigenden Schülerzahl wurde das Schulgebäude allerdings im Laufe der Jahre zu klein, sodass 1957 mit der Errichtung eines neuen Gebäudes an der heutigen Friedrich-Spee-Straße begonnen wurde. Bis zum Zweiten Weltkrieg existierte eine jüdische Gemeinde in Geldern. Die 1875 erbaute Synagoge wurde während des Novemberpogroms 1938 in Brand gesetzt.
In der Nacht vom 23. zum 24. Mai 1940 gab es den ersten Luftangriff auf Geldern. Zwei Wochen zuvor hatte das Deutsche Reich den Westfeldzug begonnen. Ab 1940 war Geldern Standort von Einheiten der Wehrmacht. Vor allem Ersatztruppenteile waren in der Stadt untergebracht, die ein eigenes Wehrmeldeamt hatte.
Im Zweiten Weltkrieg wurde durch Bombardierungen Ende 1944 und am 14. Februar 1945 der Stadtkern stark zerstört. Nur wenige Häuser blieben erhalten, rund 82 % der Stadt waren zerstört. Unter anderem wurde die Pfarrkirche und die Heilig-Geist-Kirche in der Stadtmitte schwer beschädigt. Das Haupthaus des Schlosses Haag wurde völlig zerstört. Die Pfarrkirche Maria Magdalena und die Heilig-Geist-Kirche wurden 1952 wieder aufgebaut. 2003/2004 wurde St. Maria Magdalena vollständig renoviert und der Innenraum neugestaltet.
Die Vergangenheit in Form des Herzogtums Geldern lässt sich noch anhand des gelegentlichen, inoffiziellen Spitznamens „Herzogstadt“ sowie am „Herzogtheater“ erkennen.
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